Die zentrale Rolle Kölns

Nach den Ereignissen im Novemberpogrom wenden sich innerhalb weniger Tage hunderte besorgte Eltern an die Wohlfahrtseinrichtungen der Synagogen-Gemeinde Köln und an den Provinzialverband für jüdische Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz, die beide ihren Sitz in der Kölner Rubensstraße 33 haben. Sie treffen die schwere Entscheidung, wenigstens ihre Kinder so schnell als möglich ins rettende Ausland zu schicken.

Margarethe Rosenheim (1894-1942), Elli Gottschalk und viele weitere unbekannte Helferinnen und Helfer im Jugendamt der Synagogen-Gemeinde Köln nehmen die Anträge entgegen, besorgen die nötigen Reisedokumente und forschen nach möglichen Verwandten oder Bürgen in Belgien. Da das Jugendamt als lokale Behörde nur ein Vorschlagsrecht hat, obliegt es den Sachbearbeiterinnen, die Dringlichkeit hervorzuheben.

Am 7. Dezember 1938 setzt sich Dr. Margarete Berent erfolgreich bei dem Comité d’Assistance aux Enfants Juifs Réfugiés für den zehnjährigen Egon Berlin aus Koblenz ein:
„Wir bitten den Jungen dem Transport der Kinder aus dem Waisenhaus Dinslaken anzuschließen. Seine Schwester ist ebenfalls für diese Aufnahme mit gemeldet. Es wäre wünschenswert, wenn die beiden Geschwister zusammenblieben.“
Egon und Ingeborg Berlin erreichen am 20. Dezember 1938 gemeinsam Brüssel.

© Belgisches Staatsarchiv

Am 10. Januar 1939 versucht Elli Gottschalk vergeblich bei dem Comité d’Assistance aux Enfants Juifs Réfugiés die Zulassung zum Kindertransport für die neunjährige Ruth Kos aus Köln zu erreichen. Dennoch gelingt Ruth Kos mit ihrer Mutter Golde Ellenberg die Flucht nach Belgien. In der Nacht vom 28. auf den 29. August 1942 verhaften die deutschen Besatzer sie in ihrer Wohnung in Antwerpen. Wenige Tage später werden Ruth Kos und Golde Ellenberg nach Auschwitz deportiert und ermordet.

© Martin-Buber-Institut, ULB Brüssel

Köln, Rubensstraße 33 um 1930

1930 wurde das Haus Rubensstraße 33 auf Veranlassung des Wohlfahrtsamts von der Synagogen-Gemeinde Köln erworben und bezogen.

© NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (N 1400, 613)

Im Provinzialverband unter der Leitung der Rechtsanwältin Dr. Margarete Berent (1887-1965) und des Richters Siegfried Ikenberg (1887-1972) koordinieren Dr. Rosi Karfiol, Dr. Käthe Meta Lux (1879-1943) und viele Fürsorgerinnen, deren Namen und Taten in Vergessenheit geraten sind, den möglichst reibungslosen Ablauf der Kindertransporte in Absprache mit den Komitees in Brüssel und Antwerpen, der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien und der Reichsvertretung der Juden in Deutschland in Berlin. Auch die praktische Hilfe vor Ort wird von ihnen geleistet: Sie nehmen die Kinder am Kölner Hauptbahnhof in Empfang, deponieren ihr Gepäck, versorgen sie mit Mahlzeiten, stellen Schlafmöglichkeiten bis zur Weiterreise zur Verfügung und begleiten sie wieder zum Zug.

Am 7. Dezember 1938 setzt sich Margarete Berent erfolgreich bei dem Comité d‘Assistance aux Enfants Juifs Réfugiés (CAEJR) für den 10jährigen Egon Berlin aus Koblenz ein: „Wir bitten den Jungen dem Transport der Kinder aus dem Waisenhaus Dinslaken anzuschließen. Seine Schwester ist ebenfalls für diese Aufnahme mit gemeldet. Es wäre wünschenswert, wenn die beiden Geschwister zusammenblieben.“

Egon und Ingeborg Berlin erreichen am 20. Dezember 1938 gemeinsam Brüssel.

Durch die unermüdliche Arbeit des Jugendamts der Synagogen-Gemeinde und des Provinzialverbands können mindestens 56 namentlich bekannte Kinder aus Köln nach Belgien entkommen – eine Rettung auf Zeit. AS