Bernhard Szleper

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Bernhard Szleper, geboren am 6. Juni 1930, wächst im Kölner Griechenmarktviertel auf, das seit Anfang des 20. Jahrhunderts Lebensmittelpunkt zahlreicher jüdischer Familien aus Osteuropa ist. Auch der Kaufmann Lajb Szleper aus Kalisch (Polen) und Mirl Szleper, geborene Horowitz, aus Husjatyn (Polen, heute Ukraine) emigrieren 1922 nach Köln und beziehen eine Vierzimmerwohnung in der Thieboldsgasse 47.

Nach dem Novemberpogrom und der Kündigung ihrer Wohnung entschließen sie sich zur Flucht nach Belgien. Ihr Sohn Bernhard kann mit einem vom Comité d‘Assistance aux Enfants Juifs Réfugiés in Brüssel organisierten Kindertransport Deutschland verlassen. Am 22. Februar 1939 erreicht er mit 111 anderen jüdischen Kindern den Bahnhof von Herbesthal. Wenige Wochen später gelingt auch Lajb und Mirl Szleper die Flucht nach Belgien. In der Chausée d’Anvers 362 in Brüssel kommt die Familie wieder zusammen und versucht mit Hilfe von Freunden Fuß zu fassen. Nach der deutschen Besetzung Belgiens im Mai 1940 sind sie jedoch erneuter Verfolgung ausgesetzt.

Unter dem Eindruck der „cent jours de la déportation“ (100 Tage der Deportation), der Festnahmen und Deportationen jüdischer Immigranten zwischen August und Oktober 1942, tauchen auch die Szlepers unter.

Spätestens im September 1943 entschließen sich die Eltern, sich von ihrem Sohn zu trennen und ihn in die Obhut von Henry Reynders – Père Bruno zu geben. Der katholische Priester ist Kopf eines Rettungsnetzwerkes für jüdische Kinder. Für den dreizehnjährigen Bernhard Szleper beginnt damit eine unglaubliche Odyssee, die den immensen Verfolgungsdruck durch die deutschen Besatzer, aber auch die breite Verankerung des Rettungswiderstands in der belgischen Bevölkerung deutlich macht.

Unter dem Decknamen Bernard Smets taucht er zunächst in kirchlichen Einrichtungen unter. Mit Unterstützung der Jeunesse Ouvrière Chrétienne unter Pater Antoon de Breucker, des Comité de Défense des Juifs, des Widerstandskämpfers Gustave Collet und besonders von Abbé Joseph André aus Namur wird Bernhard an Orten wie dem Kloster Saint-Joseph in Aalbeke, dem Kinderheim in Leffe und dem Internat der Salesianer St. Paul in Melles-lez-Tournai versteckt. In zehn Monaten muss er acht Mal das Versteck wechseln.

Im Juli 1944 findet sich für ihn endlich eine sichere Unterkunft bei Lucien-Fernand und Maria Timsonet in Sclayn (Provinz Namur). Um seine Anwesenheit und seinen Akzent zu erklären, wird er als Bernard de Clercq vorgestellt, als niederländischer Verwandter aus Maria Timsonets Familie.

Nach Kriegsende wird Bernhard Szleper, wie andere versteckte Kinder, im Home de l’Ange der Gemeinde St. Jean Baptiste von Abbé Joseph André untergebracht. Im März 1947 bezieht er mit seiner Mutter, die Deportation und Lagerhaft überleben konnte, wieder eine Wohnung in der Chausée d´Anvers in Brüssel. Bernhards Vater Lajb Szleper, der mit seiner Frau mit dem 24. Transport am 4. April 1944 aus dem Sammellager Mechelen nach Auschwitz deportiert wurde, kehrt nicht zurück.

Bernhard Szleper heiratet im März 1958 Hélène Zélicki aus Ixelles. 1971 wird er belgischer Staatsbürger. Er stirbt am 1. November 2017 in Brüssel. AS

Portrait von Bernhard Szleper: © Familie Bernhard Szleper