Die Verfolgung und Deportation der Juden in Belgien

Im Frühjahr 1940 leben zwischen 56.000 und 65.000 Jüdinnen und Juden in Belgien. Es gibt eine kleine alteingesessene jüdische Bevölkerungsgruppe, doch sind die meisten jüdischen Männer und Frauen, die 1933 in Belgien leben, erst nach dem Ersten Weltkrieg eingewandert.

Die deutschen Besatzer beginnen im Herbst 1940, etwa ein halbes Jahr nach dem Beginn der Besatzung, mit antijüdischen Maßnahmen. Zunächst ist das Ziel, der jüdischen Bevölkerung die ökonomische Lebensgrundlage zu entziehen und sie aus dem sozialen Leben zu drängen. Dazu gehören Berufs- und Gewerbeverbote sowie das Verbot für jüdische Kinder, öffentliche Schulen zu besuchen. Außerdem müssen sich Jüdinnen und Juden in ihren Kommunen als Juden registrieren lassen. Diese Maßnahme, der im Juli 1941 eingeführte stigmatisierende rote Stempel „Juif/Jood“ im Ausweis und auch die nur für Jüdinnen und Juden geltende Sperrstunde dienen der Vorbereitung der Deportation.

Der Innenhof der Kazerne Dossin in Mechelen. Das Foto wurde wahrscheinlich im Sommer/Herbst 1942 kurz vor einer Deportation aufgenommen.

© Kazerne Dossin

Mariem Kraus ist nicht zuhause, als ihr der hier abgebildete Arbeitseinsatzbefehl zugestellt werden soll. Später wird sie trotzdem deportiert und ermordet.

© Kazerne Dossin

Die Deportation von Juden aus Mechelen nach Auschwitz

© Insa Meinen: Die Shoah in Belgien. Darmstadt, 2009, S. 238

Im Mai 1942 verordnen die deutschen Besatzer, dass Jüdinnen und Juden einen gelben sechszackigen Stern, auf dem ein schwarzes „J“ gedruckt ist, sichtbar tragen müssen. Die am selben Tag verkündete Verordnung zur Zwangsarbeit für jüdische Arbeitskräfte wird sofort umgesetzt. Bis September 1942 werden etwa 2.300 jüdische Männer nach Frankreich deportiert und zum Bau des sogenannten Atlantikwalls bei der Organisation Todt gezwungen. Die allermeisten werden später von dort nach Auschwitz deportiert.

Von Mechelen nach Auschwitz

Ab Sommer 1942 versendet die Militärverwaltung personalisierte Aufforderungen an die in Belgien lebenden Jüdinnen und Juden: Sie sollen sich zum Arbeitseinsatz in Mechelen melden. Die dortige alte Kaserne wird ab dem 27. Juli 1942 von den Deutschen als „Sammellager“ genutzt. Sie ist ständig überbelegt, die Bedingungen sind katastrophal. Die Menschen bleiben meist nur wenige Tage dort, bevor sie nach Auschwitz deportiert werden. Am 4. August 1942 fährt der erste Deportationszug mit 998 Menschen ab. Nur sieben von ihnen überleben.

Als immer weniger Angeschriebene auf die Aufforderungen reagieren, ändert die Militärverwaltung ihre Strategie und nimmt Verhaftungen in großen Razzien vor. Jüdinnen und Juden werden auch vor Ausgabestellen von Lebensmittelmarken oder nach Denunziationen von V-Leuten verhaftet.

Am 31. Juli 1944, etwa einen Monat vor der Befreiung Belgiens durch die Amerikaner, werden 563 Menschen mit dem letzten Transport nach Auschwitz deportiert.

Die Historikerin Insa Meinen spricht von 24.906 Menschen, die von Mechelen aus nach Auschwitz deportiert wurden. ÄW