Herbesthal

Die Ankunft am Bahnhof Herbesthal, dem ersten Halt auf belgischem Staatsgebiet, ist in der Erinnerung mancher Kindertransportkinder noch heute präsent. Nach jahrelangem Erleben von Ausgrenzung und Gewalt stellt das Überqueren der Grenze und die Ankunft im freien Belgien die langersehnte Rettung dar.

Herbesthal, 27. Januar 2019: Henri Roanne-Rosenblatt und Patrick Thevissen, Bürgermeister der Gemeinde Lontzen

© Änneke Winckel

Herbesthal, 27. Januar 2019: Skulptur von Sebastian Schmidt am historischen Bahnhof

© Änneke Winckel

Arbeit der Schülerin Lorena Steyns im Rahmen eines Kunstprojektes des Robert-Schuman-Institut Eupen unter der Leitung von Gabriele Klever

„Ich habe versucht, die kalte graue Bahnhofsatmosphäre zu beschreiben. Zu sehen ist ein kleines Kind an der Hand des Erwachsenen. Symbolisch löst sich der Erwachsene schon auf. Auch im Schatten sind die beiden schon getrennt. Das gelbe Licht im Zug soll Wärme und Geborgenheit vermitteln.“ Lorena Steyns

© Lorena Steyns/Robert-Schuman-Institut Eupen

Im Januar 1939, nach den ersten Kindertransporten, sorgt ein Vorfall für einen landesweiten Aufschrei: 36 unbegleitete jüdische Kinder, mit einer Fahrkarte ausgestattet, aber ohne gültiges Einreisevisum, werden am Bahnhof Herbesthal zwar versorgt, doch dann ins Deutsche Reich zurückgeschickt.

Da kam ein ganzer Konvoi von Kindern im Alter von 12 bis 14 Jahren in Herbesthal an und die Kinder schienen so glücklich, als hätten sie das gelobte Land betreten. Sie wurden am Bahnhofsbuffet, so gut es ging, verköstigt. Sie tranken hauptsächlich, aßen jedoch wenig, obwohl sie am Tag zuvor nichts erhalten hatten. Die meisten von ihnen wussten nicht, was mit ihren Eltern passiert war. Danach musste ihnen die harte Realität beigebracht werden. Sie sollten zurück nach Deutschland geschickt werden.

La Libre Belgique, 7. Januar 1939

Auf öffentlichen Druck hin gestattet die belgische Regierung schließlich bis Juli 1939 weitere Transporte für insgesamt 750 Kinder.

In Herbesthal erinnert bis 2019 nichts an diese dramatischen Ereignisse. Doch anlässlich des International Holocaust Remembrance Day am 27. Januar 2019 setzt die Gemeinde Lontzen eine Initiative des Lern- und Gedenkorts Jawne um: Sie lässt eine Skulptur in Erinnerung an die Kindertransporte errichten – wie dies schon an den Bahnhöfen in London, Berlin, Hoek van Holland und Gdansk geschehen ist. In Anwesenheit von Henri Roanne-Rosenblatt, der am 7. März 1939 mit dem Kindertransport Herbesthal erreichte, und Marcel Frydman, dem damaligen Vorsitzenden der l’Enfant Caché asbl./Het Ondergedoken Kind vzv., wird die Skulptur des Aachener Künstlers Sebastian Schmidt enthüllt. Damit wird erstmals in Belgien im öffentlichen Raum an die dramatischen Lebensgeschichten der geflüchteten Kinder, aber auch an die außergewöhnliche Hilfsbereitschaft der belgischen Bevölkerung erinnert. AS